Kuan Yin - Mitgefühl

Ich legte ein Gelübde ab

und hielt Wort.

Ich erreichte Erleuchtung,

doch wechselte ich nicht

in den Zustand ewiger Glückseligkeit,

ich bewahre menschliche Gestalt,

bis alle Wesen Erleuchtung erlangen.

Nur als Mensch bin ich in der Lage,

die Schmerzen anderer

in ihrer ganzen Flut zu erfahren.

Wegen meines tiefen Mitfühlens,

wegen meines Verständnisses

von Elend und Leid,

wegen meiner Entscheidung

werde ich die „die Mitfühlende“ genannt:

„Sie, deren Name jedes Leiden mildert.“

Würdest nicht auch du warten und

fühlen, was andere fühlen,

leiden, was andere leiden,

ihren Schmerz als deinen eigenen verstehen?

Warten, bis Leid und Schmerz enden,

bis alle Wesen Erleuchtung erlangt haben?

Für mich gab es keine andere Wahl!

 

Bedeutung:

Kuan Yin erscheint wie eine Gnade in deinem Leben, um dich daran zu erinnern, wie wichtig tiefes Mitgefühl auf dem Weg zur Heilung ist. Dazu gehören Mitgefühl für andere Menschen, für deine Liebsten und für dich selbst. Spürst du, dass dich das Leid anderer ärgerlich macht oder dich gleichgültig lässt? Was hält dich davon ab, mitzufühlen? Bist du mit dir selbst nachsichtig, auch wenn du nicht so perfekt bist, wie du das von dir erwartest? Spürst du manchmal den Wunsch, andere zu verletzen, weil sie dich verletz haben? Hast du Angst davor, dein Herz für das Unglück anderer zu öffnen, weil es dir wehtun könnte? Mitgefühl zeigt sich in der Fähigkeit, wirklich zuzuhören. Es zeigt sich auch in der Bereitschaft, dir und anderen den Raum zu geben, der gebraucht wird, um das zu erleben, was erlebt werden muss, und um die Gefühle zuzulassen, die sich ausdrücken wollen.

Kuan Yin erinnert dich daran, dass sich der Ausweg aus deinem Leiden in tiefem Mitgefühl für dich selbst zeigt. Nur tief empfundene Anteilnahme, die von Herzen kommt, kann auch in der Außenwelt gelebt werden.

 

Mythologie:

Kuan Yin – „die, die das Weinen der Welt hört“ – ist für die chinesischen Buddhisten der Bodhisattwa des Mitgefühls. Sie lebt auf ihrem Inselparadies P´u T´o Shan, und es wird ihr nachgesagt, dass sie jedes Gebet, das ihr zu Ohren komme, erhöre. Ihre Kraft ist so groß, dass schon das Aussprechen ihres Namens genügt, um Leid und Elend zu mildern. Als sie sich entschied, in dieser Welt zu bleiben, obwohl sie Erleuchtung erlangt hatte, schwor sie, ihre menschliche Gestalt zu bewahren, bis alle Wesen erleuchtet sind. In Japan ist sie unter dem Namen Kwannon bekannt.

 

 

Abbildungen und Texte aus 

“Göttinnen Geflüster - Mit Orakel und Ritualen zur eigenen Kraft” 

von Amy Sophia Marashinsky / Hrana Janto 

mit freundlicher Genehmigung: © Schirner Verlag Darmstadt